Hoeneß und der Einheitsbrei
Die wichtigsten Talk-Shows des Landes kannten die Woche nur ein Thema: Uli Hoeneß
Eigentlich sollte sich am vergangenen Sonntag in der Talkshow „Günther
Jauch“ alles um das kriselnde Gesundheitssystem drehen. Die Tagesaktualität
sorgte jedoch dafür, dass das Thema „Patientenfalle Krankenhaus – unnötige OPs
für satte Gewinne?“ erst einmal auf den St. Nimmerleinstag verschoben wurde.
Grund: Das Bekanntwerden der spektakulären Steueraffäre um Bayern-Präsident Uli
Hoeneß.
Nach einer Selbstanzeige im Januar 2013 ermittelt die
Staatsanwaltschaft gegen Hoeneß wegen Steuerhinterziehung. Hintergrund der Affäre
sind unversteuerte Spekulationsgewinne, die Hoeneß vor einigen Jahren ohne
Kenntnis der Steuerbehörden eingestrichen hatte. Gegen den früheren
Bayern-Manager wurde ein Haftbefehl erlassen der allerdings inzwischen außer
Vollzug gesetzt wurde.
Hoeneß hatte nach Bekanntwerden der Steueraffäre erklärt, dass er sich
vorerst nicht zu der Angelegenheit äußern wolle. Das ist als Beschuldigter sein
gutes Recht und jeder Anwalt hätte ihm zu dieser Strategie geraten. Für die
unzähligen Fernseh-Talkshows des Landes war dies jedoch noch lange kein Grund ohne Hoeneß über Hoeneß zu debattieren. Im Gegenteil: Jetzt erst recht! schien das
Motto zu sein.
Den Anfang machte Günther Jauch, dessen gute Quoten Frank
Plasberg dazu animierten, sein ursprüngliches Thema ebenfalls über den Haufen
zu werfen und bereits einen Tag später unter dem Motto "Ausgerechnet
Hoeneß - wem kann man jetzt noch trauen?" zu talken. Zu guter Letzt
stieg gestern Maybrit Illner mit dem Titel „Hoeneß und sein Bankgeheimnis - Wer
stoppt die Steuersünder?“ in den Ring.
Soviel Hoeneß war nie. Sowenig Erkenntnis aber auch nicht. Denn die in müden
Ritualen erstarrten Talk-Formate haben kaum Neues zu Tage gefördert. Wie auch,
wenn der einzige, der kompetent Auskunft geben könnte, beharrlich schweigt?
Stattdessen wurden einmal mehr die üblichen Talkshow-Verdächtigen eingeladen,
die man getrost auch zum Thema „Kochen mit Apfelessig“ hätte befragen können.
Das Grundrezept der Talksendungen ist stets dasselbe: Man nehme einen
seriösen Journalisten (Hans Leyendecker, Roger Köppel), reiche dazu einen Sportreporter
(Dieter Kürten, Manfred Breuckmann, Kathrin Müller-Hohenstein), würze das Ganze
mit einem moralin-sauren Politiker (Künast, Bosbach, Trittin) und schmecke den so
entstandenen Brei mit einem Comedian der Kategorie Oliver Pocher ab.
Fragt sich, warum die Steueraffäre Hoeneß binnen fünf Tagen durch alle
wichtigen Politik-Talkshows des Landes geprügelt wurde. Gibt es keine
wichtigeren Fragen mehr im Land? Oder geht es nur noch um Aufreger-Themen und gute
Quoten? Das einfallslose Talk-Casting hätte derweil mühelos um so sinnlose Gäste
wie Hans-Olaf Henkel, Nina Hagen, Jürgen Fliege oder Peter Neururer erweitert
werden können.
Jauch, Plasberg, Illner: Der monothematische Einheitsbrei dieser Woche war
durchweg ungenießbar und hat den Talkshow-Irrsinn endgültig auf die Spitze
getrieben. Was übrig bleibt gleicht einem Fast-Food-Erlebnis: ein aufgeblähter
Bauch nebst verdorbenem Magen und jeder Menge schlechter Laune ob der sinnlos
vergeudeten Lebenszeit. Viel Lärm um Nichts also oder besser noch: „Mahlzeit“!
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