Samstag, 31. Dezember 2016

Guten Rutsch!

                     



                   Das Glossarium wünscht einen guten Rutsch ins neue Jahr 2017!!!


Mittwoch, 28. Dezember 2016

Mainz bleibt Mainz!

Mainz bleibt Mainz!
Das ZDF versucht seine Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Ausgerechnet mit Hilfe der „Forschungsgruppe Wahlen“

Das Jahr 2016 fing nicht gut an für das ZDF. Die Vorkommnisse in der Silvesternacht auf der Domplatte in Köln hatte man tagelang schlicht ignoriert. Selbst am Abend des 4. Januar, als zahlreiche Internetportale, Agenturen und die Tagesschau bereits über die Vorfälle aus Köln berichteten, blieb das ZDF stumm. Der stellvertretende ZDF-Chefredakteur Elmar Theveßen schrieb am Tag darauf auf Facebook und Twitter:

"Die Nachrichtenlage war klar genug. Es war ein Versäumnis, dass die 19-Uhr-heute-Sendung die Vorfälle nicht wenigstens gemeldet hat. Die heute-Redaktion entschied sich jedoch, den geplanten Beitrag auf den heutigen Tag des Krisentreffens zu verschieben, um Zeit für ergänzende Interviews zu gewinnen. Dies war jedoch eine klare Fehleinschätzung."

Der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erhob in diesem Zusammenhang schwere Vorwürfe gegen das ZDF. Friedrich sprach von einem "Schweigekartell" und unterstellte, dass es offenbar "Nachrichtensperren" gebe, sobald es um negative Berichterstattung gegen Ausländer gehe. Der Politiker äußerte den Verdacht, „dass die gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Medien ihrem Informationsauftrag nur noch unzureichend nachkommen".

Viele Zuschauer haben sich im vergangenen Jahr über Manipulations- und Erziehungs-versuche von ARD und ZDF beschwert. Nicht zuletzt im heute journal des ZDF wurden immer wieder Beiträge gesendet, in denen gelungene Integrationsbeispiele gegen Ende der Sendung thematisiert wurden. Durch eine zuweilen rührselig gefilmte Story wurde dabei des Öfteren versucht, die Zuschauer mit der umstrittenen Flüchtlingspolitik der Bundesregierung zu versöhnen.

Auch die häufige Verwendung von emotionalisierenden Bildern mit weinenden Kindern in Flüchtlingstrecks sollte beim Zuschauer wohl an Beschützerinstinkte appellieren. Als bleibender Eindruck hat sich seitdem verfestigt, dass im vergangenen Jahr die neutrale Berichterstattung des ZDF zugunsten eines permanenten politischen Kommentars ersetzt wurde. Das ZDF, schon zu Kohls Zeiten traditionell der „Regierungssender“, scheint sich über die Jahre hinweg treu geblieben zu sein: „Mainz bleibt Mainz!“

Zudem ist die Political Correctness (PC) mittlerweile auch in den Redaktionsstuben des ZDF angekommen. Die aus den USA stammende PC hat mit dazu beigetragen, dass es häufig zu falsch verstandener Zurückhaltung in der Berichterstattung gekommen ist - wohl um keine Ressentiments in der Bevölkerung zu schüren. Denn der Code der PC sortiert nicht nur bestimmte Begriffe als „nicht opportun“ aus, er bestimmt auch im Sinne des „moralisch Guten“, über was in welcher Form berichtet wird. 


Facebook-Auftritt der ZDF-heute-Sendung

Kaum ein Jahr nach Silvester sieht sich das ZDF dazu veranlasst, seine Reputation mit Hilfe einer „Glaubwürdigkeitsstudie“ wiederherzustellen und fasst die Ergebnisse auf Facebook wie folgt zusammen: „Das Vertrauen in die Berichterstattung von Qualitätsmedien bleibt hoch – trotz "Lügenpresse"-Vorwürfen. Nach einer aktuellen repräsentativen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen genießen Nachrichten der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender die höchste Glaubwürdigkeit.“

Durchgeführt wurde die repräsentative Umfrage von der "Forschungsgruppe Wahlen“, also jenem Institut, dass Hillary Clinton bei der US-Wahl stets deutlich vorne gesehen hat, einen Brexit kategorisch ausschloss und überdies seit 1965 eng mit dem ZDF verbandelt ist. Das ZDF ist bis heute der einzige Auftraggeber der „Forschungsgruppe Wahlen“; ihre demoskopischen Umfragen werden nach eigenen Angaben ausschließlich durch Mittel des ZDF finanziert.

Jetzt eine „Glaubwürdigkeitsstudie“ im beinah hauseigenen Institut der „Forschungs-gruppe Wahlen“ in Auftrag zu geben, ist in etwa einem Pharmahersteller vergleichbar, der aufgrund eigener Laboranalysen zu dem Ergebnis kommt, dass seine Produkte am wirkungsvollsten gegen Rückenschmerzen helfen. Hier handelt es sich wohl weniger um eine „repräsentative Meinungsumfrage“ als um lupenreines Marketing.

Bei einer Studie, die sich „repräsentativ“ nennt, aber mit einer Datenbasis von lediglich 1000 befragten Erwachsenen auskommt, können überdies Zweifel an ihrem Aussagewert aufkommen. Auch stellt sich die Frage nach der Validität des Panels, was die Heterogenität der ausgewählten Befragten angeht. Handelt es sich nicht vielleicht eher um ein Meinungsbarometer bzw. einen flüchtigen Stimmungstest? Wo ist die notwendige Distanz zum Auftraggeber der Studie?

Um es an dieser Stelle klar zu sagen, der Begriff „Lügenpresse“ ist für die Berichterstattung von ARD und ZDF fehl am Platz, denn die meisten Meldungen sind inhaltlich nicht zu beanstanden. Überdies handelt es sich hier um einen Kampfbegriff, der in perfider Weise von den Nationalsozialisten eingesetzt wurde. So verwendeten Hitler und besonders Goebbels den Begriff der „Lügenpresse“, um die Auslandsmedien der späteren Kriegsgegner USA und Großbritannien herabzuwürdigen.  

Für das neue Jahr sollte sich der Mainzer Sender allerdings an den Worten des verstorbenen ARD-Anchormans Hans-Joachim Friedrichs und dessen Credo einer auf neutralen Grundsätzen basierenden Berichterstattung orientieren: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache - auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazu gehört.“

Anderenfalls wird „Mainz bleibt Mainz!“ nicht nur zum Synonym für die alljährliche Karnevalssitzung sondern zum Schlagwort für den Glaubwürdigkeitsverlust des ZDF. 

Dienstag, 26. April 2016

Sehr zum Wohl!

Sehr zum Wohl!
Das deutsche Reinheitsgebot feiert in diesen Tagen runden Geburtstag

500 Jahre sind kein Pappenstiel. Das wohl älteste Lebensmittelgesetz aus deutschen Landen, das Bier-Reinheitsgebot, wird in diesen Tagen 500 Jahre alt. 1516 wurde auf dem Ingolstädter Landtag beschlossen, dass „allain Gersten, Hopffen un wasser genomen un geprauche sölle werdn“. Von Hefe, verantwortlich für die alkoholische Gärung, war damals noch keine Rede - sie wurde erst viel später entdeckt.

Die deutschen Brauer nehmen den runden Geburtstag zum Anlass, den Blick auf die eigene Zunft zu lenken. In keinem anderen Land der Welt existieren so viele Brauereien, die in Familienbesitz sind. Neben dem beliebten Pils werden lokal und regional die unterschiedlichsten Biere gebraut: Export-, Weizen-, Stark-, Alt- und Kölsch-Biere. Ausländische Brauereien müssen sich nicht an das Reinheitsgebot halten.

Internationale Brauereikonzerne fassen seit einigen Jahren auf dem heimischen Biermarkt Fuß. So gehören Marken wie Hasseröder, Beck’s und Diebels zum belgischen Anheuser-Busch-Konzern. Auch Heineken aus Holland (Paulaner, Kulmbacher) und der dänische Carlsberg-Konzern (Holsten, Astra, Hannen) sind erfolgreich mit ihren Marken auf dem begehrten deutschen Markt vertreten.

In Radeberger-Besitz: Berliner Biermarken

In Deutschland beherrscht der Oetker-Konzern, den man gemeinhin eher mit Backpulver und Tiefkühlpizza in Verbindung bringt, die Szene. Zur konzerneigenen Radeberger-Gruppe mit den Marken Radeberger, Jever und Schöfferhofer gehören inzwischen auch die traditionellen Berliner Biermarken: Schultheiss, Berliner Kindl und Berliner Pilsner. Sie werden allesamt am Standort Berlin-Lichtenberg gebraut.

Zur Radeberger-Gruppe zählen u.a. auch alle Biere aus der ehemals bedeutenden Bierstadt Dortmund mit Marken wie DAB, Ritter, Brinkhoff’s No. 1 oder Dortmunder Thier Pils. Daneben sind vor allem die großen Marken Krombacher, Bittburger, Warsteiner und Oettinger Marktführer in einer Branche, die nicht zuletzt aufgrund veränderter Geschmäcker und der demographischen Entwicklung unter Druck steht.

In Berlin sprießen derzeit Mikrobrauereien aus dem Boden, die dem industriell gefertigten Massenbierausstoß handwerklich gebrautes Craft-Bier entgegensetzen. Die Craft-Brauer dürfen dem Bier in ihren obergärigen Sorten Aromen und Zusatzstoffe hinzufügen. Dem beliebten Pilsener-Bier, das es auf einen Marktanteil von über 50 Prozent bringt, können die modischen Craft-Biere allerdings kaum gefährlich werden.

Früher Schultheiss, heute Kultur: die Berliner Kulturbrauerei

Das untergärige Pils, das stärker gehopft wird als andere Biere und daher seinen typischen, hopfig-herben Geschmack erhält, ist das Lieblingskind des echten Bier-Connoisseurs. Übrigens - einem populären Irrtum zufolge braucht ein gutes Pils sieben Minuten für den Zapfvorgang. Das ist freilich viel zu lang: in schon drei Minuten ist ein Pils frisch gezapft und mit einer hübschen Schaumkrone versehen.

Na dann, Prosit und auf weitere 500 Jahre Reinheitsgebot! 

Mittwoch, 30. März 2016

„Currywurst - dit isst Berlin!“

„Currywurst - dit isst Berlin!“
Die Currywurst ist ein echtes Berliner Original. Oder etwa nicht?

Die Currywurst gilt neben Berliner Weiße, Buletten und Schrippen (Brötchen) als das kulinarische Original des kleinen Mannes im großen Berlin. Auf diese Idee muss man ja auch erst einmal kommen: eine in Stücke geschnittene Bratwurst in einer ketchup-ähnlichen Tomatensauce zu versenken und diese mit Currypulver und allerlei exotischen Gewürzen garniert zu servieren. Herta Heuwer aus Charlottenburg hatte sie - als erste.

An einem Septembertag im Jahr 1949 probierte die Imbissbudenbesitzerin in ihrem Berliner Kiosk verschiedene Saucenkombinationen aus. Schon bald rannten ihr die Leute buchstäblich die Imbissbude ein, Herta Heuwers Currywurst entwickelte sich zum Verkaufsschlager. Die Rezeptur ihrer Soße blieb freilich streng geheim, Frau Heuwer ließ sich ihre Kreation später sogar vom Münchner Patentamt sichern.

Doch auch andere Städte und Regionen haben die Erfindung der Currywurst für sich reklamiert. Uwe Timm hat in seinem Roman „Die Entdeckung der Currywurst“ der selbigen ein literarisches Denkmal gesetzt, freilich nicht ohne die fiktive Handlung frecherweise nach Hamburg zu verlegen. Nicht ganz grundlos, denn Timm wurde in der Hansestadt geboren und wollte Hamburg wohl was Gutes tun. 

Wurst-Institution: Konnopke’s Imbiss an der Schönhauser Allee
Aber auch das Ruhrgebiet wird immer wieder mit der Currywurst assoziiert. Weniger mit ihrer Entstehungsgeschichte, dafür umso mehr aufgrund ihrer kulinarischen Boden-ständigkeit als Volksimbiss, denn die Currywurst passt perfekt zum Malocherimage des einstigen Kohlereviers. Der Duisburger Horst Schimanski und der Bochumer Herbert Grönemeyer („Currywurst“) haben sie auf ihre jeweilige Weise populär gemacht.

In Berlin hat man die Wurst vor einigen Jahren sogar ins Museum verfrachtet: Das Deutsche Currywurst Museum präsentiert die Geschichte der Wurst in zahlreichen Facetten. Als berühmteste Grillbuden der Stadt gelten das „Curry 36“ in Kreuzberg, das „Krasselt’s“ in Steglitz sowie „Konnopke’s Imbiss“ im Prenzlauer Berg. Hier wurde 1960 die erste Currywurst der DDR verkauft - als lupenreines West-Imitat.

Imbissbuden prägen vielerorts das Stadtbild, sie sind in Zeiten des veganen Hypes die unverbesserliche, typisch deutsche Fast-Food-Variante. Am früheren Standort ihres Imbisses haben die Berliner der 1999 verstorbenen Erfinderin der Currywurst übrigens ein Denkmal gesetzt. Dort befindet sich eine Gedenktafel, die auf Herta Heuwer und ihre Entdeckung verweist. Als Zusatz könnte dort stehen: „Currywurst - dit isst Berlin!“

Herta Heuwer hätte das vermutlich gefallen. 


Sonntag, 10. Januar 2016

Die Zeit, die Zeit

Die Zeit, die Zeit
Gedanken zum Jahresanfang: Über das Wesen der Zeit

„Allem Anfang wohnt ein Zauber inne“ heißt es. Darin kommt die Hoffnung zum Ausdruck, dass jeder Neustart die Dinge positiv verändern kann. Der Jahresanfang ist ein solcher Neubeginn, der vielfach mit Vorsätzen, Wünschen aber auch Sorgen einhergeht. Das Ende des alten und der Beginn eines neuen Jahres markieren eine Wegscheide. Grund genug, sich einmal mit dem Wesen der Zeit zu befassen.

Zeit - das ist am Anfang eines Jahres zunächst einmal der Zeitsprung vom alten in ein neues Jahr. Die Zeit wird im täglichen Leben vor allem durch messbare Einheiten erfahren: Jahre, Monate, Wochen, Tage, Stunden, Minuten und Sekunden. Das ist jedoch nur die äußere Gestalt der Zeit, ihre messbare Seite, die ganz und gar menschengemacht ist. Aber die Zeit ist mehr als das.

In unserer subjektiven Wahrnehmung wird die Zeit nicht nur durch den Kalender und die Uhr, also den Instrumenten zur Messung der Zeit erlebt, sondern auch durch die Jahreszeiten zyklisch strukturiert. Die Jahreszeiten fungieren als Beharrungskräfte gegen den Mahlstrom der Zeit. Sie sind die wiederkehrenden, äußerlich sichtbaren Rituale eines ständigen Werdens und Vergehens, die zum Innehalten einladen.

Der zyklische Rhythmus der Jahreszeiten gibt ähnlich den Mond- oder Sonnenphasen Orientierung und Sicherheit im Kampf gegen die Linearität einer unaufhaltsam verstreichenden Zeit. Der Philosoph Hegel hat mit dem Begriff der „Furie des Verschwindens“ die Schreckensherrschaft der Französischen Revolution bezeichnet. Er lässt sich jedoch auch vorzüglich auf die Zeit anwenden.

Die winterliche Weltzeituhr auf dem Berliner Alexanderplatz

Konstitutiv für die Zeit ist, dass sie permanent vergeht. Was eben noch Zukunft war ist im Nu bereits in der Gegenwart angelangt um einige Momente später bereits wieder Vergangenheit zu sein. Gegenwart ist also immer: Solange man am Leben ist, gibt es ein Jetzt. Vergangenheit wird dabei durch Erinnerung vergegenwärtigt, festgehalten und auf diese Weise vor dem endgültigen Verschwinden bewahrt.

Der Philosoph Rüdiger Safranski hat es in seinem Buch „Zeit“ (2015) so formuliert: „Die Zeit bewirkt, dass wir einen schmalen Streifen von Gegenwärtigkeit bewohnen, nach beiden Seiten umgeben von einem Nicht-Sein: das Nicht-Mehr der Vergangenheit und das Noch-Nicht der Zukunft“. Die Zukunft kommt der Gegenwart entgegen um nach einem kurzen Moment Gegenwärtigkeit selbst zur Vergangenheit zu werden.

Der Mensch ist im Gegensatz zum Tier ein Wesen, das ein Zeitgefühl hat und mit dem Wissen um den eigenen Tod ausgestattet ist. Die menschliche Sorge aus dem Dasein ins Nichts zu fallen ist dabei ebenfalls auf die Zeit gerichtet, auf ein in der Zukunft liegendes Noch-Nicht. Das Unvorhersehbare sorgt den Menschen, der nicht wie die Katze ganz im Augenblick aufgeht, die noch kurz vor ihrem Tod selig schnurrt.

Die Zeit, jene „Furie des Verschwindens“, wird mit zunehmender Lebensdauer als immer schnelllebiger empfunden. Kein Wunder: Time is running out! Was also ist nach diesem Räsonieren über die Zeit vom neuen Jahr zu erwarten? Hoffentlich Gutes! Erich Kästner hat es einmal so formuliert: „Wird's besser? Wird’s schlimmer? fragt man alljährlich. Seien wir ehrlich: Leben ist immer lebensgefährlich!

Das ist von zeitloser Gültigkeit. Und dem ist nichts hinzuzufügen.