Mainz bleibt Mainz!
Das ZDF versucht seine Glaubwürdigkeit
zurückzugewinnen. Ausgerechnet mit Hilfe der „Forschungsgruppe Wahlen“
Das Jahr 2016 fing
nicht gut an für das ZDF. Die Vorkommnisse in der Silvesternacht auf der
Domplatte in Köln hatte man tagelang schlicht ignoriert. Selbst am Abend des 4.
Januar, als zahlreiche Internetportale, Agenturen und die Tagesschau bereits
über die Vorfälle aus Köln berichteten, blieb das ZDF stumm. Der stellvertretende
ZDF-Chefredakteur Elmar Theveßen schrieb am Tag darauf auf Facebook und
Twitter:
"Die Nachrichtenlage war klar genug. Es war ein Versäumnis,
dass die 19-Uhr-heute-Sendung die Vorfälle nicht wenigstens gemeldet hat. Die
heute-Redaktion entschied sich jedoch, den geplanten Beitrag auf den heutigen
Tag des Krisentreffens zu verschieben, um Zeit für ergänzende Interviews zu
gewinnen. Dies war jedoch eine klare Fehleinschätzung."
Der frühere
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erhob in diesem Zusammenhang schwere
Vorwürfe gegen das ZDF. Friedrich sprach von einem "Schweigekartell"
und unterstellte, dass es offenbar "Nachrichtensperren" gebe, sobald
es um negative Berichterstattung gegen Ausländer gehe. Der Politiker äußerte
den Verdacht, „dass die gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Medien
ihrem Informationsauftrag nur noch unzureichend nachkommen".
Viele Zuschauer haben sich im vergangenen Jahr über Manipulations-
und Erziehungs-versuche von ARD und ZDF beschwert. Nicht zuletzt im heute journal
des ZDF wurden immer wieder Beiträge gesendet, in denen gelungene Integrationsbeispiele
gegen Ende der Sendung thematisiert wurden. Durch eine zuweilen rührselig
gefilmte Story wurde dabei des Öfteren versucht, die Zuschauer mit der umstrittenen
Flüchtlingspolitik der Bundesregierung zu versöhnen.
Auch die häufige Verwendung von emotionalisierenden Bildern mit
weinenden Kindern in Flüchtlingstrecks sollte beim Zuschauer wohl an Beschützerinstinkte
appellieren. Als bleibender Eindruck hat sich seitdem verfestigt, dass im vergangenen Jahr
die neutrale Berichterstattung des ZDF zugunsten eines permanenten politischen
Kommentars ersetzt wurde. Das ZDF, schon zu Kohls Zeiten traditionell der „Regierungssender“,
scheint sich über die Jahre hinweg treu geblieben zu sein: „Mainz bleibt
Mainz!“
Zudem ist die Political Correctness (PC) mittlerweile auch in den
Redaktionsstuben des ZDF angekommen. Die aus den USA stammende PC hat mit dazu
beigetragen, dass es häufig zu falsch verstandener Zurückhaltung in der
Berichterstattung gekommen ist - wohl um keine Ressentiments in der Bevölkerung
zu schüren. Denn der Code der PC sortiert nicht nur bestimmte Begriffe als
„nicht opportun“ aus, er bestimmt auch im Sinne des „moralisch Guten“, über was in welcher
Form berichtet wird.
Facebook-Auftritt der ZDF-heute-Sendung |
Kaum ein Jahr nach Silvester sieht sich das ZDF dazu veranlasst,
seine Reputation mit Hilfe einer „Glaubwürdigkeitsstudie“ wiederherzustellen
und fasst die Ergebnisse auf Facebook wie folgt zusammen: „Das Vertrauen in die
Berichterstattung von Qualitätsmedien bleibt hoch – trotz
"Lügenpresse"-Vorwürfen. Nach einer aktuellen repräsentativen Umfrage
der Forschungsgruppe Wahlen genießen Nachrichten der öffentlich-rechtlichen
Fernsehsender die höchste Glaubwürdigkeit.“
Durchgeführt wurde die repräsentative Umfrage von der
"Forschungsgruppe Wahlen“, also jenem Institut, dass Hillary Clinton bei
der US-Wahl stets deutlich vorne gesehen hat, einen Brexit kategorisch ausschloss
und überdies seit 1965 eng mit dem ZDF verbandelt ist. Das ZDF ist bis heute der
einzige Auftraggeber der „Forschungsgruppe Wahlen“; ihre demoskopischen Umfragen
werden nach eigenen Angaben ausschließlich durch Mittel des ZDF finanziert.
Jetzt eine „Glaubwürdigkeitsstudie“ im beinah hauseigenen Institut
der „Forschungs-gruppe Wahlen“ in Auftrag zu geben, ist in etwa einem Pharmahersteller
vergleichbar, der aufgrund eigener Laboranalysen zu dem Ergebnis kommt, dass
seine Produkte am wirkungsvollsten gegen Rückenschmerzen helfen. Hier handelt
es sich wohl weniger um eine „repräsentative Meinungsumfrage“ als um lupenreines
Marketing.
Bei einer Studie, die sich „repräsentativ“ nennt, aber mit einer
Datenbasis von lediglich 1000 befragten Erwachsenen auskommt, können überdies
Zweifel an ihrem Aussagewert aufkommen. Auch stellt sich die Frage nach der
Validität des Panels, was die Heterogenität der ausgewählten Befragten angeht. Handelt
es sich nicht vielleicht eher um ein Meinungsbarometer bzw. einen flüchtigen Stimmungstest?
Wo ist die notwendige Distanz zum Auftraggeber der Studie?
Um es an dieser Stelle klar zu sagen, der Begriff „Lügenpresse“
ist für die Berichterstattung von ARD und ZDF fehl am Platz, denn die meisten
Meldungen sind inhaltlich nicht zu beanstanden. Überdies handelt es sich hier
um einen Kampfbegriff, der in perfider Weise von den Nationalsozialisten eingesetzt
wurde. So verwendeten Hitler und besonders Goebbels den Begriff der „Lügenpresse“, um
die Auslandsmedien der späteren Kriegsgegner USA und Großbritannien
herabzuwürdigen.
Für das neue Jahr sollte sich der Mainzer Sender allerdings an den
Worten des verstorbenen ARD-Anchormans Hans-Joachim Friedrichs und dessen Credo einer auf
neutralen Grundsätzen basierenden Berichterstattung orientieren: „Einen guten
Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache
- auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo
dazu gehört.“
Anderenfalls wird „Mainz bleibt Mainz!“ nicht nur zum Synonym
für die alljährliche Karnevalssitzung sondern zum Schlagwort für den
Glaubwürdigkeitsverlust des ZDF.
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