Samstag, 4. Mai 2013

Über den Wolken


Über den Wolken
Wie Cloud Working die Arbeitswelt revolutionieren könnte

Nutzen auch Sie inzwischen die Vorteile des Cloud-Computing? Insbesondere Apple-Kunden konnten in den vergangenen Jahren die Vorteile der „iCloud“ kennen lernen. Alle Geräte des Users sind dabei durch einen externen Datenserver, die Cloud, miteinander verbunden. So steht z.B. ein Adressbucheintrag in wenigen Sekunden durch Daten-synchronisation auf „MacBook“, „iPad“ oder „iPhone".

Die Idee des Cloud-Computing ist ebenso simpel wie nützlich: Der automatische Datenabgleich erspart Doppeleingaben und damit jede Menge Zeit; auf Wunsch werden Inhalte von Notebooks oder Smartphones jeden Abend in der Cloud gesichert. Bei Verlust oder Diebstahl lässt sich auf einem neuen Gerät der alte Zustand ohne jeden Datenverlust im Nu wiederherstellen.

Vorteilhaft ist es auch Fotos, Videos, Musik oder Dokumente in der Cloud abzulegen; denn die Daten stehen „in der Wolke“ jederzeit zur Verfügung und können mit einem internetfähigen Gerät von unterwegs abgerufen werden. Daten aus der Cloud können natürlich auch mit anderen Nutzern geteilt werden, so dass auch Kollegen oder Familienmitglieder jederzeit auf den Online-Speicher zugreifen können.

Das Cloud-Computing basiert dabei auf dem Prinzip, dass IT-Dienste, wie etwa Hardware, Software oder Datenspeicher online über ein Netzwerk bereitgestellt werden. Auf den Bereich der Arbeitswelt übertragen nennt sich dieses Prinzip Cloud Working: Eigentlich firmeninterne Arbeiten werden in die externe Cloud ausgelagert, um dort von freien Mitarbeitern kostengünstig und schnell abgearbeitet zu werden.

Nicht nur einfachere Tätigkeiten wie Recherchen oder Übersetzungen werden über eine Internet-Plattform an die Cloud Worker übertragen, auch anspruchsvollere Arbeiten können von Projektteams, die in einer „Talent Cloud“ zusammenarbeiten, gelöst werden. Das kann bei freier Zeiteinteilung zumeist bequem von zuhause aus erledigt werden - die Arbeit in der Cloud erfordert keine Anwesenheit im Büro mehr.

Alles in Butter also? Wohl kaum. Denn bei genauerem Hinsehen offenbaren sich die gravierenden Nachteile des Cloud Working sehr schnell. Cloud Worker treten quasi in Echtzeit und in globaler Konkurrenz gegeneinander an; das „Human Resources Outsourcing“ sorgt dabei nicht nur für Lohndumping bei den „Wissensarbeitern“ im Netz, sondern hält auch alle Nachteile einer unsicheren Freelancer-Existenz bereit.

So zahlen die Auftraggeber für die Cloud-Worker keinerlei Sozialabgaben, Renten- und Krankenversicherungsbeiträge, der Arbeitnehmer trägt alle Risiken selbst. Für die meisten Tätigkeiten des Cloud Working ergeben sich Stundenlöhne, die zwischen 2 und 9 Euro liegen. Auf diese Weise wächst ein digitales Prekariat heran, das von „taz.de“ vor einiger Zeit zutreffend als „Die traurigen Tagelöhner“ bezeichnet wurde.

Das digitale hire and fire ohne jede Verpflichtung hat für die Firmen große Vorteile: Freie, flexible Belegschaften erledigen anfallende Arbeiten schneller und vor allem kostengünstiger als feste Mitarbeiter. Durch die wirtschaftliche Auslagerung von Arbeit in die Cloud gehen allerdings feste Arbeitsplätze verloren; globale Dumping-Arbeitsverträge unterlaufen überdies nationale Lohnregelungen und Tarifverträge.

„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“ sang Reinhard Mey dereinst. Die realen Arbeitswolken von heute haben für die virtuell Beschäftigten zwar jede Menge Freiheit aber eben auch Hungerlöhne parat. Kein Zweifel: Cloud Working ist das kommende „Big Thing“. Man muss nur aufpassen, dass die nächste Revolution in der Arbeitswelt nicht auch zu einer zu einer massiven Pervertierung der Freiberuflichkeit führt.  

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