Donnerstag, 16. Mai 2013

Autokomplett - nicht immer nett


Autokomplett - nicht immer nett
Steht nach dem BGH-Urteil Googles Autocomplete-Funktion vor dem Aus?

Das Internet kann so unglaublich praktisch sein. Man sucht etwas, gibt die ersten Buchstaben in Googles-Suchmaske ein, und - siehe da - die Autocomplete-Funktion der Suchmaschine ergänzt die fehlenden Buchstaben und Wörter ganz automatisch. Googles Autocomplete vervollständigt Suchworteingaben in Sekundenbruchteilen und stellt zusätzlich eine Stichwortergänzung zur Verfügung.

Das spart Zeit beim Eintippen der Wörter. Und auf die Rechtschreibung muss man auch nicht unbedingt achten, Google wird’s schon richten! Gibt man beispielweise den Anfang des Gedichtes „Wem Gott will rechte Gunst erweisen“ ein, vervollständigt Google schon nach Eingabe der ersten fünf Buchstaben „Wem Go“ den korrekten Titel des Eichendorff-Liedes. Das ist die eine, die gute Seite von Autocomplete.

Die andere Seite hat mit Gerüchten, übler Nachrede oder auch schlichten Unwahrheiten zu tun. Beispiel Bettina Wulff: Gibt man den Namen der Ex-Gattin des Ex-Bundespräsidenten in die Suchmaschine ein, erhält man bis heute die Stichwortergänzung „Rotlicht“. Bettina Wulff musste über Jahre einen beispiellosen Internet-Rufmord über sich ergehen lassen, den das Netz bis heute nicht vergessen hat.

                                            Die Autocomplete-Funktion im Fall von Bettina Wulff

Doch damit dürfte es nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom Dienstag dieser Woche möglicherweise bald vorbei sein. Denn das Gericht stärkte die Rechte der Betroffenen: Google und andere Suchmaschinen müssen demnach die Wortergänzungen aus der automatischen Vervollständigungsfunktion auf Antrag der Betroffenen streichen, sofern Persönlichkeitsrechte verletzt werden.

Nun ist die eigentlich ja sehr praktische Autocomplete-Funktion von sich aus nicht auf Kolportage, Krawall oder Denunziation aus. Der Algorithmus der Suchmaschine reagiert weitgehend objektiv auf bisher erfolgte Eingaben und stellt häufige Suchergebnisse anderer Internetnutzer als Vorschlag bereit. Googles Algorithmus richtet sich dabei in erster Linie nach der Häufigkeit der eingegebenen Suchbegriffe.

Gerüchte und Lügen fallen damit weniger auf Google zurück als vielmehr auf die Millionen Nutzer des Online-Dienstes und ihre z.T. dubiosen Suchanfragen. Es müssen Tausende Recherchen der Kategorie „Manuel Neuer schwul“ existieren, denn die Suchmaschine schlägt diese Erweiterung seit jeher vor. Google sperrt andererseits Ergänzungen, die sich um Gewalt, Pornographie und so genannte Hassreden drehen.

Insbesondere beim Thema Sex verhält sich die Suchmaschine zuweilen puritanisch. Während der Fußballer Manuel Neuer mit dem Gerücht leben muss, er sei schwul, ist die Autocomplete-Funktion für seinen früheren Mannschaftkollegen und Ex-Torwart des FC Bayern, Hans-Jörg Butt, deaktiviert. Der simple Grund: „Butt“ entspricht dem englischen „butt“ was „Hintern“ oder „Po“ bedeutet. Da kriegt Google rote Ohren und stellt sich taub.

Das Urteil des BGH jedenfalls dürfte dafür sorgen, dass Betroffene nicht mehr länger mit verleumderischen Suchwortergänzungen leben müssen. Google könnte nun die Autocomplete-Funktion ganz abschalten oder teilweise aussetzen. Dann müsste sich die Suchmaschine auch nicht mehr mit Wortergänzungen wie „Google ist ne Missgeburt“ herumärgern. Was auch schade wäre. Irgendwie. 

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