Autokomplett - nicht immer nett
Steht nach dem BGH-Urteil Googles
Autocomplete-Funktion vor dem Aus?
Das Internet kann so unglaublich
praktisch sein. Man sucht etwas, gibt die ersten Buchstaben in
Googles-Suchmaske ein, und - siehe da - die Autocomplete-Funktion der
Suchmaschine ergänzt die fehlenden Buchstaben und Wörter ganz automatisch. Googles
Autocomplete vervollständigt
Suchworteingaben in Sekundenbruchteilen und stellt zusätzlich eine
Stichwortergänzung zur Verfügung.
Das spart Zeit beim Eintippen
der Wörter. Und auf die Rechtschreibung muss man auch nicht unbedingt achten,
Google wird’s schon richten! Gibt man beispielweise den Anfang des Gedichtes
„Wem Gott will rechte Gunst erweisen“ ein, vervollständigt Google schon nach
Eingabe der ersten fünf Buchstaben „Wem Go“ den korrekten Titel des
Eichendorff-Liedes. Das ist die eine, die gute Seite von Autocomplete.
Die andere Seite hat mit
Gerüchten, übler Nachrede oder auch schlichten Unwahrheiten zu tun. Beispiel
Bettina Wulff: Gibt man den Namen der Ex-Gattin des Ex-Bundespräsidenten in die
Suchmaschine ein, erhält man bis heute die Stichwortergänzung „Rotlicht“.
Bettina Wulff musste über Jahre einen beispiellosen Internet-Rufmord über sich ergehen
lassen, den das Netz bis heute nicht vergessen hat.
Die Autocomplete-Funktion im Fall von Bettina Wulff
Doch damit dürfte es nach
einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom Dienstag dieser Woche möglicherweise
bald vorbei sein. Denn das Gericht stärkte die Rechte der Betroffenen: Google
und andere Suchmaschinen müssen demnach die Wortergänzungen aus der
automatischen Vervollständigungsfunktion auf Antrag der Betroffenen streichen,
sofern Persönlichkeitsrechte verletzt werden.
Nun ist die eigentlich ja sehr
praktische Autocomplete-Funktion von sich aus nicht auf Kolportage, Krawall oder
Denunziation aus. Der Algorithmus der Suchmaschine reagiert weitgehend objektiv
auf bisher erfolgte Eingaben und stellt häufige Suchergebnisse anderer
Internetnutzer als Vorschlag bereit. Googles Algorithmus richtet sich dabei in erster
Linie nach der Häufigkeit der eingegebenen Suchbegriffe.
Gerüchte und Lügen fallen
damit weniger auf Google zurück als vielmehr auf die Millionen Nutzer des
Online-Dienstes und ihre z.T. dubiosen Suchanfragen. Es müssen Tausende Recherchen
der Kategorie „Manuel Neuer schwul“ existieren, denn die Suchmaschine schlägt
diese Erweiterung seit jeher vor. Google sperrt andererseits Ergänzungen, die
sich um Gewalt, Pornographie und so genannte Hassreden drehen.
Insbesondere beim Thema Sex
verhält sich die Suchmaschine zuweilen puritanisch. Während der Fußballer Manuel
Neuer mit dem Gerücht leben muss, er sei schwul, ist die Autocomplete-Funktion
für seinen früheren Mannschaftkollegen und Ex-Torwart des FC Bayern, Hans-Jörg
Butt, deaktiviert. Der simple Grund: „Butt“ entspricht dem englischen „butt“ was
„Hintern“ oder „Po“ bedeutet. Da kriegt Google rote Ohren und stellt sich taub.
Das Urteil des BGH
jedenfalls dürfte dafür sorgen, dass Betroffene nicht mehr länger mit
verleumderischen Suchwortergänzungen leben müssen. Google könnte nun die Autocomplete-Funktion ganz abschalten oder teilweise aussetzen. Dann müsste sich die Suchmaschine
auch nicht mehr mit Wortergänzungen wie „Google ist ne Missgeburt“ herumärgern. Was auch schade wäre. Irgendwie.
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