Europa und das liebe Vieh
Der jüngst verabschiedete EU-Haushalt ist vor allem
eins: ein Agrarhaushalt
Knapp eine Billion Euro.
Soviel Geld sieht der Finanzrahmen der Europäischen Union vor, um das gemeinsame
Budget für den Zeitraum 2014 bis 2020 zu bestreiten. Der EU-Haushalt wurde letzte
Woche nach einem mehrstündigen Verhandlungsmarathon der Staats- und
Regierungschefs in Brüssel verabschiedet.
Erstaunlich ist in diesem
Zusammenhang aber weder die Höhe des EU-Budgets, um das bis zuletzt gerungen wurde,
noch die Tatsache, dass man sich überhaupt irgendwann geeinigt hatte.
Erstaunlich ist vor allem, dass die Landwirtschaft einmal mehr den mit Abstand
größten Einzelposten im Haushalt der EU markiert.
Denn trotz Einsparungen und
Deckelungen in vielen anderen Ressorts kommt der Bereich der Landwirtschaft
weitgehend ungeschoren davon. Der Agrarbereich macht zwar nur zwei Prozent der europäischen
Wirtschaftsleistung aus, er nimmt aber fast 40 Prozent des EU-Haushaltes in
Anspruch - ein geradezu groteskes Missverhältnis.
Die Agrarsubventionen, die
allein für das Jahr 2013 rund 58 Milliarden Euro betragen, sind zwar immer wieder
Gegenstand von Diskussion und Kritik. Grundsätzlich wurden diese Hilfen aber
auch diesmal nicht in Frage gestellt. Zu einer grundlegenden Strukturreform fehlten
erneut Wille und politischer Mut.
Dabei wirken die
EU-Subventionen für die Landwirtschaft wie aus der Zeit gefallen, sie sind das
Relikt einer längst untergegangenen Epoche. Die Beharrungskräfte des alten
Systems sind allerdings groß, denn kaum ein Berufsstand ist besser organisiert
als die Bauernschaft. Vor allem in Frankreich und Deutschland geht gegen die mächtige
Agrarlobby nichts.
Das Höfesterben konnte aber auch
durch die Subventionspolitik nicht aufgehalten werden. Ein deutscher Hof erhält
im Jahr derzeit rund 319 Euro pro Hektar ohne jede Auflage; insbesondere
kleinere Betriebe ringen um ihre Existenz. Viele Bauern müssten ihre Höfe ohne
die Zahlung von Subventionen wohl aufgeben.
Dass aber Agrarfabriken und
Lebensmittelkonzerne in der Vergangenheit den Löwenanteil der EU-Fördermittel
erhielten ist indes kaum nachzuvollziehen. Große Agrarbetriebe, die nicht
gerade für umweltgerechte Erzeugnisse bekannt sind, profitieren von einer
Förderpraxis, welche die intensive, industrialisierte Landwirtschaft begünstigt.
Die heutigen Direktzahlungen
an bäuerliche Betriebe sollten daher an geringere Betriebsgrößen, Bedürftigkeit,
Umweltauflagen und Tierschutzstandards gekoppelt werden. Auf diese Weise kämen Agrarfabriken,
Großbauern und die Lebensmittelindustrie nicht länger in den Genuss steuerfinanzierter
Subventionen.
Die dafür freigeräumten
Mittel könnten den chronisch unterfinanzierten Bereichen Bildung und
Wissenschaft zur Verfügung gestellt werden, die gegenwärtig nicht einmal ein
Viertel der Gelder des Agrarhaushalts erhalten. Und das, obwohl gerade Bildungsausgaben
sinnvolle Investitionen in die Zukunft eines Landes darstellen.
„Kinder statt Kühe“ sollte daher
der Wahlspruch des modernen Europa sein!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen