„Bielefeld - das gibt’s
doch gar nicht!“
Die
Bielefeld-Verschwörung feiert in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag
Alles fing mit einem harmlosen Satz auf einer Studentenparty
an. Ein Gast aus dem ostwestfälischen Bielefeld bekam vor rund 20 Jahren den
Spruch „Bielefeld - das gibt’s doch gar nicht!“ zu hören. Ein halbes Jahr
später war die Bielefeld-Verschwörung in der Welt. Ihr Urheber: Achim Held, ein
Informatiker aus Kiel, der ursprünglich eine Satire über die Wirkung von
Verschwörungstheorien im Sinn hatte.
Durch Helds Internetseite fand die „Verschwörung“ in dem
noch jungen Medium rasch eine virale Verbreitung. Die Satire entwickelte dabei eine
ebenso starke wie unheimliche Eigendynamik, die auch nach über 20 Jahren nichts
von ihrer Anziehungskraft verloren hat: Der Bielefeld-Fake
ist seitdem als satirischer Running-Gag aus dem deutschen Sprachgebrauch nicht
mehr wegzudenken.
Dabei wählte Achim Held für die Satire extra eine weitgehend
„farblose“ Stadt aus, wie er 2012 in einem Interview bekannte. Es hätte auch
jede andere x-beliebige Stadt der Größenordnung Bielefelds treffen können. Das
ostwestfälische Bielefeld ist letztlich eine austauschbare Chiffre für die
typisch deutsche Provinzstadt, von der es neben wenigen, echten Metropolen in
diesem Land eine ganze Menge gibt.
Spontan assoziiert man Bielefeld mit Pudding, Pizza und
Backtriebmitteln aus dem Hause Dr. Oetker; sodann kommt einem die Bielefelder
„Alm“ in den Sinn, das Stadion der Arminia, das heute emotionslos-kommerziell nach
einem Fensterhersteller „SchücoArena“ heißt. Vielleicht denkt man auch an die
„Bielefelder Schule“, den berühmten Historikerkreis um Hans-Ulrich Wehler und
Jürgen Kocka.
Niemand, der noch einigermaßen alle Sinne beisammen hat,
wird angesichts so vieler unwiderlegbarer Existenzbeweise die physische Realität
der Stadt Bielefeld ernsthaft anzweifeln wollen. Aber genau darum geht es ja in
der Satire: um die Absurdität aller noch so bizarren Verschwörungstheorien. Je
abwegiger eine Verschwörung erscheint, umso mehr Gründe finden sich für ihre
scheinbare Richtigkeit - nicht nur im Internet.
Im Falle Bielefelds waren dies u.a. die zahlreichen
Autokennzeichen mit der Buchstaben-kombination „Bi“; von den Anhängern der
Verschwörung wurden diese mit einem ehrfurchtsvollen „Die haben sogar so viel
Macht, um all die vielen Kennzeichen zu fälschen“ kommentiert. Bei diesem
Argumentationsmuster fühlt man sich unweigerlich an 9/11 oder die angeblich nicht erfolgte Mondlandung erinnert.
Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel verwies anlässlich der
Verleihung des Deutschen Sozialpreises 2012 auf die Bielefeld-Verschwörung, als
sie Gespräche mit Bürgern aus Bielefeld erwähnte und launig hinzufügte „...so
es denn existiert“. Das Stadtmarketing zur 800-Jahr-Feier der Stadt Bielefeld 2014
nahm die Verschwörung trotzig mit der munteren Parole „Das gibt’s doch gar
nicht“ auf.
Humor muss man eben haben.
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