Auf zum letzten
Gefecht!
Das SPD-Mitgliedervotum entscheidet in diesen Tagen über die
große Koalition
Der bislang eher trübe Dezember hat es politisch in sich.
Die Mitglieder der SPD stimmen derzeit über den Koalitionsvertrag mit CDU und CSU
ab, der die Basis für eine Neuauflage einer schwarz-roten Regierung darstellt.
Viele Mitglieder haben schon entschieden, andere wollen in den nächsten Tagen auf
einer der zahlreichen Regionalkonferenzen der SPD noch überzeugt werden.
Soviel direkte Demokratie war nie: Erstmals in der
Geschichte der Bundesrepublik lässt eine Partei ihre Mitglieder über das
Zustandekommen einer Koalitionsregierung entscheiden. Das Mitgliedervotum der
SPD gilt als ein beispielloser Akt innerparteilicher und direkter Demokratie, von
der es in diesem Land doch eigentlich immer noch viel zu wenig gibt.
Aber, halt: die derzeit rund 475.000 Mitglieder der SPD
stellen innerhalb der bundesdeutschen Gesamtpopulation eine verschwindend
kleine Minderheit von nur 0,6 Prozent dar; angesichts der Tatsache, dass eine
große Bevölkerungsmehrheit in Umfragen für die große Koalition ist, könnte
sich, im Falle eines Scheiterns, eine Minderheit von Parteimitgliedern über den
Mehrheitswillen der Bevölkerung stellen.
Die Ankündigung Sigmar Gabriels, seine Genossen in einer
basisdemokratischen Urwahl über die große Koalition abstimmen zu lassen, hat
die Verhandlungen zwischen Union und SPD geprägt. Unter dem Druck der Ablehnung
durch die SPD-Basis konnten die Sozialdemokraten mehr Programmpunkte
durchsetzten, als das schwache Wahlergebnis von 25,7 Prozent eigentlich erlaubt
hätte.
Der Union konnten Zugeständnisse bei Mindestlohn und
doppelter Staatsbürgerschaft abgetrotzt werden, die vor der Wahl undenkbar
schienen. Die Befragung der SPD-Basis könnte allerdings das Ende der großen
Koalition einläuten noch bevor diese ihre Arbeit überhaupt aufgenommen hat.
Eine Ablehnung hätte für die SPD und ihr derzeitiges Führungspersonal unabsehbare
Folgen.
Dass die Sozialdemokraten nicht immer die beste Lösung wählen
wenn man ihre Mitglieder befragt, beweist ein Blick in die Vergangenheit: 1993
rief die SPD in einer Urwahl die Genossen dazu auf, über den künftigen
Parteivorsitzenden zu befinden. Damals standen Gerhard Schröder, Heidemarie
Wieczorek-Zeul und Rudolf Scharping zur Wahl, der mit relativer Mehrheit zum neuen
Parteichef gekürt wurde.
In dem sozialistischen Kampflied der Arbeiterbewegung Die Internationale heißt es: „Völker,
hört die Signale! Auf zum letzten Gefecht!“ Ob die Genossen
die Signale der Zeit diesmal verstanden haben ist völlig offen. Ein
Koalitionsvertrag ist kein Parteiprogramm, sondern die Kunst des Kompromisses,
des Möglichen, Durchsetzbaren. Insofern schlägt nun die Stunde der Pragmatiker
in der Partei.
Ob sich diese gegen die ideologischen Dogmatiker und Vertreter der reinen Lehre durchsetzen können bleit aber ungewiss; nicht zuletzt weil viele SPD-Mitglieder befürchten, die Union sauge der SPD das letzte Stück Identität aus dem Leib - wie zuletzt 2009. Das Mitgliedervotum der SPD könnte sich indes zum letzten Gefecht zwischen Fundamentalopposition und staatspolitischer Verantwortung auswachsen.
Ob sich diese gegen die ideologischen Dogmatiker und Vertreter der reinen Lehre durchsetzen können bleit aber ungewiss; nicht zuletzt weil viele SPD-Mitglieder befürchten, die Union sauge der SPD das letzte Stück Identität aus dem Leib - wie zuletzt 2009. Das Mitgliedervotum der SPD könnte sich indes zum letzten Gefecht zwischen Fundamentalopposition und staatspolitischer Verantwortung auswachsen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen