Samstag, 19. Oktober 2013

Social Media - nein, danke?


Social Media - nein, danke?
Chancen und Risiken der virtuellen Selbstdarstellung im Internet

„Esse est percipi“ - „Sein ist wahrgenommen werden“. Der irische Theologe George Berkeley (1685-1753) hat mit dieser Aussage den Kerngedanken der subjektiv-idealistischen Philosophie formuliert. In einer Zeit, in der vier von fünf Deutschen im World Wide Web unterwegs und Millionen Menschen in sozialen Netzwerken aktiv sind, erhält der Satz durch die Selbstdarstellung im Internet einen tieferen Sinn.

Die Möglichkeiten der Selbstdarstellung im Netz sind uferlos und werden nicht selten als Teil einer strategischen Eigenvermarktung gezielt eingesetzt: Homepages und Blogs, soziale Netzwerke wie Facebook, Google+, Pinterest oder der Kurznachrichtendienst Twitter sind neben Karrierenetzwerken wie Xing oder LinkedIn die gefragtesten Module im Kosmos einer rasch expandierenden Social Media.

Der einstige Internet-Konsument wird dabei immer öfter zum „Ich-Sender“ und Produzenten von Inhalten und ist damit Teil des „Mitmach“-Web 2.0. Die allzu freizügige Selbstdarstellung im Netz ist allerdings fortwährend Gegenstand von Kritik und Vorurteilen: Es wird ein bisweilen voyeuristischer Hang zur medialen Zurschaustellung moniert, der alle Regeln des Datenschutzes sträflich missachtet.

Social Media eröffnen dem Einzelnen die Möglichkeit, mit Menschen in Kontakt zu treten, Neuigkeiten auszutauschen sowie mit Freunden und Bekannten in Verbindung zu bleiben. Die Selbstdarstellung ist dabei bis zu einem gewissen Grad unumgänglich, denn wer mit anderen in Beziehung treten will, muss zwangsläufig etwas von sich erzählen; das ist in der Offline-Welt übrigens nicht anders.


Facebook-Auftritt: Arbeit am "Gesamtkunstwerk Ich"?

Die entscheidende Frage lautet daher, wie viel man von sich preisgibt: Der eine lässt sich nicht so gern in die Karten schauen, der andere gewährt tiefe Einblicke bis hin zum Online-Striptease. Jeder versucht sich im besten Licht zu präsentieren. Die Selbstver-
marktung führt oft zur Kreation eines eigenen, digitalen Brandings: Der Online-Auftritt avanciert zu einem Reputationstool für die reale Welt.

Das Netz bietet eine öffentliche Bühne für persönliche Performance und Eigen-PR; Meinungen, Grundeinstellungen und Geschmackspräferenzen werden nur allzu bereitwillig zur Schau gestellt, der digitale Poser ist omnipräsent. Die auf vielen Websites vorhandenen „like“ - und „not like“ - Buttons geraten aus der Perspektive einer permanenten Bewertung zu dem heimlichen, binären Code unserer Zeit.

Im Internet verschwimmen die Grenzen zwischen angemessener Selbstdarstellung und Voyeurismus allerdings häufig und die virtuelle Eigenvermarktung nimmt zuweilen skurrile Züge an. Das unentwegte um-sich-selbst-Kreisen und die beständige Arbeit am „Gesamtkunstwerk Ich“ können zu Narzissmus, Vereinsamung und einer völligen Verstrickung in die modernen Kommunikationsmedien führen.

Social Media - nein, danke? Die Antwort darauf muss kein weltabgewandter Verzicht auf Facebook & Co. sein; vielmehr sollte man einen vernünftigen Umgang mit dem eigenen Online-Verhalten pflegen. Die Chancen und Risiken von Social Media kann dabei jeder nur für sich selbst ausloten. „Sein ist wahrgenommen werden“ -  der Satz von George Berkeley ist durch Internet und Social Media indes aktueller denn je. 

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