An Tagen wie diesen
12 Jahre nach 9/11: Über die
Bedeutung persönlicher Erinnerungen an besonderen Tagen
Es gibt sie, diese Tage, an die man sich auch
nach Jahrzehnten noch genau zu erinnern vermag. Weil an diesen Tagen Geschichte
geschrieben wurde. Und weil sich persönliches Leben und Erleben eng und
unauflöslich mit der politischen Historie verknüpft hat. An diesen Tagen sind Ereignisse von weltpolitischer Relevanz geschehen: Die Ermordung John F. Kennedys, die
Mondlandung, der Mauerfall oder auch der 11. September 2001.
Ein jeder, der eine Antenne für
außergewöhnliche historische Situationen besitzt, erinnert sich nicht selten
bis in die kleinsten Details, was er an diesem einen Tag gemacht und in welcher
Lebenssituation er sich gerade befunden hat. An die Menschen die er an diesem
Tag traf und die vielleicht schon längst gestorben sind; an die Dinge, die er
erledigt hat. Nicht selten erinnert man
sich selbst an belanglose Kleinigkeiten.
Tage mit herausragender Bedeutung haben sich
uns offenkundig tief eingeprägt und sind auch nach Jahrzehnten immer noch
präsent und abrufbar. Warum? Weil wir uns wieder und wieder an sie erinnern.
Das permanente Memento vollzieht sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer
Erinnerungskultur, die mithilfe der Anlassgeschichtsschreibung besondere Tage
in Fernsehen, Rundfunk und Presse unaufhörlich ins Gedächtnis ruft.
Weil es sich um einen außergewöhnlichen Tag
handelt, dessen Bedeutung grell aus dem Alltags-Einerlei hervorstrahlt, ist ein
solcher Tag fortan mit einer profunden persönlichen Reminiszenz verbunden, die
wir nie wieder abstreifen können. Diese außergewöhnlichen Ereignisse geben, ob
wir wollen oder nicht, unserem Leben nicht selten eine innere Struktur mit auf
den Weg und sind fester Bestandteil der eigenen, subjektiven Lebenserzählung.
Eine dieser besonderen Erinnerungen stellt auch
für mich der 11. September 2001 dar. Seltsamerweise machte ich an diesem
Dienstag, der ein gewöhnlicher Uni-Tag war, ganz gegen meine Gewohnheit bereits
am Nachmittag den Fernseher an und wurde daraufhin in Echtzeit Zeuge des
Einsturzes der Twin Towers in New York. Ich weiß noch genau, wie schockiert ich
in dem Moment war und was ich alles tat, mit wem ich telefonierte und
diskutierte, um die dramatischen Ereignisse zu besprechen und zu verarbeiten.
Jede Lebensgeschichte ist eine persönliche
Geschichte. Sie findet immer dann Anknüpfungspunkte an die große, politische
Geschichte, wenn besondere Tage uns kurz innehalten lassen, an denen,
pathetisch gewendet, der Weltgeist aufblitzt. Die Zeitläufte schreiten unbeirrt
voran; sie bilden die Folie für unser persönliches Leben und markieren durch
die Zeitzeugenschaft besonderer Tage die Wegmarken und Wendepunkte unserer
Existenz.
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