Malheur, Marke
Steinbrück
Peer Steinbrück ist ins
Fettnäpfchen getreten. Mal wieder
Kaum hatte sich die Debatte und die teilweise künstliche Erregung
um die Nebenverdienste Peer Steinbrücks einigermaßen beruhigt, legte der SPD-Kanzlerkandidat
letzte Woche in einem Zeitungsinterview erneut nach: Der deutsche Bundeskanzler
verdiene gemessen an seiner Verantwortung zu wenig. Zudem bekomme jeder
Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen ein höheres Gehalt.
Ein weiteres Malheur der Marke Steinbrück: geraderaus
formuliert, zugespitzt, authentisch. Ein „echter Steinbrück“ also, der erneut
ums Geldverdienen kreist und in der Öffentlichkeit den fatalen Eindruck
hinterlässt, ihm ginge es primär ums eigene Wohlergehen. Dabei ist das Amt des
Kanzlers weniger mit Geld verbunden; vielmehr locken Macht und Prestige sowie
die Chance, sich als erster Diener des Staates in die Geschichtsbücher
einzuschreiben.
Bei Lichte besehen hat Steinbrück wohl Recht. Ein Regierungschef
ist im Vergleich zu weit weniger verantwortungsvoll tätigen Wirtschaftsbossen kein
Spitzenverdiener. Die rund 250.000 Euro, die ein Kanzler inklusive der Diäten
für den Bundestag im Jahr verdient, liegen allerdings weit jenseits dessen, was
sich ein Facharbeiter, ein Polizist oder eine Krankenschwester überhaupt
vorstellen können.
Überdies bewegt sich die Gehaltshöhe des Bundeskanzlers
verglichen mit anderen, europäischen Regierungschefs in etwa im europäischen Mittelfeld.
Warum also die erneute Provokation auf dem so arg verminten Geld-Gelände? Und
wenn es Steinbrück schon um Löhne und Gehälter geht, warum sorgt sich der
Sozialdemokrat nicht in gleichem Maß um Geringverdiener, Hartz-IV-Aufstocker oder
Arbeitslose?
Die nicht enden wollende Debatte um Rednerhonorare haben
Steinbrücks Start als Kanzlerkandidat einigermaßen verhagelt. Die neuerliche
Diskussion um das angeblich zu schmal bemessene Salär eines Bundeskanzlers ist
eine weitere Steilvorlage für die Regierung. Und sie ist Gift für einen
SPD-Wahlkampf, der - neun Monate vor der Bundestagswahl - gegen den
Eindruck ankämpfen muss, Steinbrück sei in Wahrheit ein besserwisserischer,
arroganter Raffke.
Mit dem politischen Gespür des Kandidaten scheint es nicht
zum Besten bestellt; denn Dinge zu äußern, die zweifellos stimmen, mag
ehrenwert sein - in der Politik ist dies jedoch weder klug noch opportun. Steinbrücks
Beraterstab hätte den Lapsus bemerken müssen; dass ebenjenes Zitat bei der
Autorisierung des Interviews „durchgerutscht“ ist, wirft indes kein gutes Licht
auf Steinbrücks Leute.
Der ursprüngliche Fahrplan zur Nominierung des
SPD-Kanzlerkandidaten sah vor, den Bewerber noch vor der Niedersachsen-Wahl
gegen Ende des Jahres aufs Schild zu heben. Der medial geschürte, öffentliche
Druck, der die SPD zum Vorziehen der Kandidatenfrage zwang, rächt sich nun.
Denn der Kandidat Steinbrück steht bis zur Wahl noch gut neun Monate lang im
Rampenlicht schärfster Beobachtung.
Genug Zeit also, um erneut beherzt ins Fettnäpfchen zu
treten. Denn um eines wird man sich im Fall Peer Steinbrück keine Gedanken machen
müssen: dass der Kandidat, der so gern „Beinfreiheit“ für sich beansprucht, nun
zum kreidefressenden Weichspüler mutiert. Man darf also abwarten, wie viele
Missgeschicke der Marke Steinbrück dem Kandidaten auf dem Weg ins Kanzleramt
noch widerfahren.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen