Samstag, 7. Juni 2014

Faszination Fußball

Faszination Fußball
Donnerstag beginnt die Fußball-WM. Muss Deutschland unbedingt den Titel holen?

Ich kann den Zeitpunkt gar nicht genau bestimmen, an dem ich vom Virus Fußball befallen wurde. Tatsache ist: das Datum liegt schon einige Jahrzehnte zurück. Ich glaube, es fing alles mit der Fußball-Weltmeisterschaft 1978 an. An einzelne Spiele kann ich mich zwar nicht entsinnen, jedoch an die Enttäuschung über das frühe Ausscheiden der deutschen Mannschaft. Und an den späteren Sieger Argentinien!

Nach 36 Jahren ist die WM nun also zurück in Südamerika. Brasilien ist diesmal der Ausrichter; das Land schickt sich an, zum 6. Mal den WM-Titel zu gewinnen. Aber auch die deutsche Öffentlichkeit fordert vehement den Pokal, alles andere würde wohl als Enttäuschung gewertet werden. Nach vier Turnieren ohne Titelerfolg müsste Bundestrainer Joachim Löw vermutlich seinen Hut nehmen und zurücktreten.

Was einigermaßen bedauerlich wäre, denn schließlich ist in der Ära Löw aus einem Land brachialer Rumpelfüßler eine Nation erstanden, die sich an einem zuweilen brillant zelebrierten Offensiv-Fußball berauscht. Löw hat allerdings auch begnadete Fußballer in seinen Reihen: Lahm, Götze, Khedira, Schweinsteiger, Özil, Kroos und Müller sind allesamt Angehörige einer geradezu goldenen Fußballer-Generation.

Deutschland ist seit der Ära Löw erstmals in der Lage, seine Gegner mit spielerischen Mitteln zu besiegen - ein Novum in der Geschichte des deutschen Fußballs, wenn man einmal von der legendären Mannschaft der EM 1972 absieht. Keine deutsche Mannschaft hat wohl mehr spielerische Qualität besessen wie die heutige. Kein Wunder, dass der WM-Titel für weite Teile der Öffentlichkeit Pflicht ist.

Alle Jahre wieder: König Fußball regiert

Dabei sind internationale Titel, wie der WM- oder der EM-Titel, nur schwer zu erringen und ein solcher Erfolg ist dementsprechend schwer zu kalkulieren. Zuviel hängt von Unwägbarkeiten, vom Glück aber auch dem Zufall ab; Verletzungen, Gelb-Sperren und die Tagesform tun ein Übriges. Joachim Löw hat den deutschen Fußball durch seine spielerische Klasse zwar zu internationaler Anerkennung geführt.

Und doch zählt für viele Fans einzig ein Titel, ob die Mission „WM 2014“ letztlich als Erfolg oder Misserfolg zu werten ist. Auch das Abschneiden des amtierenden Weltmeisters Spanien dürfte von großem Interesse sein; zahlreiche Akteure der großen Mannschaft von 2010 sind noch aktiv, ob es zur Titelverteidigung reicht, darf aber bezweifelt werden. Dies gelang bislang nur Italien (1938) und Brasilien (1962).

Die diesjährige Weltmeisterschaft wird vor allem von aktuellen Korruptionsvorwürfen um den Fußballweltverband Fifa überschattet. Nur das IOC ist wohl noch geldgieriger und korrupter als die Fifa. Angesichts überdimensionierter, halbfertiger Stadien, teurer Infrastruktur und riesiger Investitionskosten sind die sozialen Proteste im Gastgeberland gegen die ausufernde Größe dieser WM wohl unausweichlich.

Trotz alledem: Woher rührt die weltweite Faszination für den Fußball? Fußball wird mit dem Fuß gespielt - das ist ebenso banal wie wahr. Jeder, der schon mal gegen einen Ball gekickt hat weiß, wie schwer es ist, wie viel Talent und Training es braucht, den Ball wie Mario Götze zu behandeln. Es hat wohl mit der puren Schwierigkeit zu tun, Kabinett-stückchen mit dem Fuß zu vollbringen - wo Menschen doch eigentlich die Hand bevorzugen.

Deutschland indes muss nicht um jeden Preis den Titel holen - ein gutes Turnier zu spielen würde doch eigentlich schon reichen. 

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