Faszination Fußball
Donnerstag beginnt die
Fußball-WM. Muss Deutschland unbedingt den Titel holen?
Ich kann den Zeitpunkt gar nicht genau bestimmen, an dem ich
vom Virus Fußball befallen wurde. Tatsache ist: das Datum liegt schon einige
Jahrzehnte zurück. Ich glaube, es fing alles mit der Fußball-Weltmeisterschaft
1978 an. An einzelne Spiele kann ich mich zwar nicht entsinnen, jedoch an die
Enttäuschung über das frühe Ausscheiden der deutschen Mannschaft. Und an den
späteren Sieger Argentinien!
Nach 36 Jahren ist die WM nun also zurück in Südamerika.
Brasilien ist diesmal der Ausrichter; das Land schickt sich an, zum 6. Mal den WM-Titel
zu gewinnen. Aber auch die deutsche Öffentlichkeit fordert vehement den Pokal,
alles andere würde wohl als Enttäuschung gewertet werden. Nach vier Turnieren
ohne Titelerfolg müsste Bundestrainer Joachim Löw vermutlich seinen Hut nehmen
und zurücktreten.
Was einigermaßen bedauerlich wäre, denn schließlich ist in
der Ära Löw aus einem Land brachialer Rumpelfüßler eine Nation erstanden, die
sich an einem zuweilen brillant zelebrierten Offensiv-Fußball berauscht. Löw
hat allerdings auch begnadete Fußballer in seinen Reihen: Lahm, Götze, Khedira,
Schweinsteiger, Özil, Kroos und Müller sind allesamt Angehörige einer geradezu goldenen
Fußballer-Generation.
Deutschland ist seit der Ära Löw erstmals in der Lage, seine
Gegner mit spielerischen Mitteln zu besiegen - ein Novum in der Geschichte des
deutschen Fußballs, wenn man einmal von der legendären Mannschaft der EM 1972
absieht. Keine deutsche Mannschaft hat wohl mehr spielerische Qualität besessen
wie die heutige. Kein Wunder, dass der WM-Titel für weite Teile der
Öffentlichkeit Pflicht ist.
Alle Jahre wieder: König Fußball regiert |
Dabei sind internationale Titel, wie der WM- oder der
EM-Titel, nur schwer zu erringen und ein solcher Erfolg ist dementsprechend
schwer zu kalkulieren. Zuviel hängt von Unwägbarkeiten, vom Glück aber auch dem
Zufall ab; Verletzungen, Gelb-Sperren und die Tagesform tun ein Übriges.
Joachim Löw hat den deutschen Fußball durch seine spielerische Klasse zwar zu
internationaler Anerkennung geführt.
Und doch zählt für viele Fans einzig ein Titel, ob die
Mission „WM 2014“ letztlich als Erfolg oder Misserfolg zu werten ist. Auch das
Abschneiden des amtierenden Weltmeisters Spanien dürfte von großem Interesse
sein; zahlreiche Akteure der großen Mannschaft von 2010 sind noch aktiv, ob es
zur Titelverteidigung reicht, darf aber bezweifelt werden. Dies gelang bislang
nur Italien (1938) und Brasilien (1962).
Die diesjährige Weltmeisterschaft wird vor allem von aktuellen
Korruptionsvorwürfen um den Fußballweltverband Fifa überschattet. Nur das IOC
ist wohl noch geldgieriger und korrupter als die Fifa. Angesichts
überdimensionierter, halbfertiger Stadien, teurer Infrastruktur und riesiger
Investitionskosten sind die sozialen Proteste im Gastgeberland gegen die
ausufernde Größe dieser WM wohl unausweichlich.
Trotz alledem: Woher rührt die weltweite Faszination für den
Fußball? Fußball wird mit dem Fuß gespielt - das ist ebenso banal wie wahr. Jeder,
der schon mal gegen einen Ball gekickt hat weiß, wie schwer es ist, wie viel
Talent und Training es braucht, den Ball wie Mario Götze zu behandeln. Es hat
wohl mit der puren Schwierigkeit zu tun, Kabinett-stückchen mit dem Fuß zu
vollbringen - wo Menschen doch eigentlich die Hand bevorzugen.
Deutschland indes muss
nicht um jeden Preis den Titel holen - ein gutes Turnier zu spielen würde doch
eigentlich schon reichen.
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