Die
vergeigte Kandidatur
Peer
Steinbrücks Kanzlerkandidatur ist gescheitert. Warum eigentlich?
Kaum ist man aus der Sommerfrische zurück, wird man von allerlei
Wahlplakaten und Werbeständen der Parteien begrüßt. Am 22. September ist
Bundestagswahl. Man hätte dieses Datum diesmal glatt vergessen können, zu
langweilig verlief der Wahlkampf bislang. Viele Bürger wirken denn auch einigermaßen
desinteressiert; die Zeit der großen politischen Kontroversen ist offenkundig
vorbei.
Schaut man sich die aktuellen Umfragen vier Wochen vor der Wahl an, wird
zudem schnell klar: diese Wahl ist
gelaufen. Angela Merkel wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine dritte
Legislaturperiode als Kanzlerin amtieren dürfen. Ihr Herausforderer, Peer Steinbrück,
ist mitsamt seiner SPD abgehängt. Ungeklärt ist allein die Frage, mit welchem
Koalitionspartner Merkel demnächst regieren wird.
Dabei wurde der ehemalige Finanzminister noch vor zwei Jahren als
gefährlichster Konkurrent Merkels gehandelt. Wie konnte in so kurzer Zeit aus
einem populären Hoffnungsträger, vielgefragten Redner und Liebling des
politischen Feuilletons ein chancenloser Buhmann werden, der im direkten
Vergleich mit Merkel nicht den Hauch einer Chance hat? Was ist da passiert?
Nachdem Steinbrück im September vergangenen Jahres überstürzt zum
Kandidaten seiner Partei ausgerufen wurde, ging einiges schief. Die SPD schien ziemlich
unvorbereitet auf ihren Kandidaten zu sein: von Konzept, Strategie und
rückhaltloser Unterstützung keine Spur. Die vorzeitige Nominierung sollte sich rächen,
denn ein ganzes Jahr im Kandidatenmodus hat noch niemand unbeschadet
überstanden.
Schnell wurden Steinbrücks hohe Rednergagen publik. Steinbrück befand sich
fortan in einer defensiven Position: Statt den politischen Gegner zu
attackieren, musste er beständig die eigenen Bezüge erklären. Der Kandidat
drang danach mit keinem politischen Thema mehr durch, konnte kaum noch punkten;
die öffentliche Meinung drehte sich infolgedessen rasant.
Und die Frage ist ja auch berechtigt: Kann ein Mann, der sich in kurzer
Zeit Millionengagen als Redner erarbeitet hat, die Belange der Normalverdiener
glaubwürdig vertreten? Viel hängt in Wahlkämpfen vom Kandidaten ab. Stellt er
eine überzeugende Alternative zum Amtsinhaber dar und weiß er eine schlagkräftige
Partei hinter sich, kann es zu einer Wechselstimmung in der Bevölkerung kommen.
Zu Jahresbeginn machte Steinbrück dann durch einige ungeschickte
Bemerkungen von sich reden. Und schon wieder ging es ums Geld: So erweckte er
den Eindruck, für das von ihm angestrebte Kanzleramt ein höheres Gehalt einzufordern.
Zuletzt hatte „Klartext-Peer“ seine rhetorischen Aussetzer zwar einigermaßen im
Griff, die Berichterstattung ist seitdem jedoch überwiegend negativ.
Auch Steinbrücks Schattenkabinett konnte niemanden recht vom Hocker reißen:
zu grau, zu bieder, zu unbekannt waren die vorgestellten Persönlichkeiten.
Letztlich stellt Steinbrück selbst mit seinen 66 Lebensjahren für die meisten
Wähler auch keine frische Wahlalternative zu einer allseits beliebten Regierungschefin
dar. 1998, bei Kohl und Schröder, war das noch ganz anders.
Dabei hätte aus Peer
Steinbrück ein ganz passabler Kanzler werden können: Klug, kompetent, gradlinig
und schlagfertig, hätte er dem Land ein paar neue Impulse geben können. Aber,
ach: hätte, hätte, Fahrradkette. Diese Worte stammen von Steinbrück selbst. Und
er selbst hat letztlich die Kanzlerkandidatur für die SPD vorzeitig vergeigt. Neben
seinen trägen Genossen trägt er die Hauptverantwortung für die kommende Niederlage.
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