Steinbrücks letzte Chance
Im TV-Duell gegen die Kanzlerin geht es für Peer Steinbrück
am Sonntag um alles
Eigentlich ist die
Aufmerksamkeit der meisten Fernsehzuschauer am Sonntagabend auf den ARD-„Tatort“
gerichtet: dort geht es mal mehr, mal weniger spannend zu. Ein Krimi ist
kommenden Sonntag indes kaum zu erwarten. Denn das Fernsehduell zwischen Angela
Merkel und Peer Steinbrück wird von der Öffentlichkeit zwar mit Spannung
erwartet, könnte aber ziemlich langweilig werden - wie im Jahr 2009.
Vor vier Jahren standen
sich Merkel und Steinmeier gegenüber; beide hatten zuvor in einer großen
Koalition zusammen regiert. Steinmeier hatte damals große Mühe, sich von der
gemeinsamen Regierungszeit abzugrenzen, die Kanzlerin zu kritisieren und eigene
Akzente zu setzen. Die Quittung fiel mit einem Wahlergebnis von 23 Prozent und
Verlusten von 11 Prozentpunkten gegenüber 2005 denkbar heftig aus.
Peer Steinbrück kann
diesmal aus der Position des Oppositionspolitikers agieren: Er muss keine
Rücksicht auf eine gemeinsame Regierungszeit nehmen. Folglich könnte er die
Kanzlerin scharf attackieren, Verfehlungen aufzeigen, gesellschaftliche
Schieflagen monieren, das eigene Programm skizzieren. Rhetorisch ist der
Kanzlerkandidat Merkel allemal um Längen überlegen. Aber wird das reichen?
Steinbrück muss es
zumindest versuchen. Die Gelegenheit, vor bis zu 20 Millionen Zuschauern zu
reden, ist einmalig; da kann der Kandidat an noch so viele Türen klopfen und
Wohnzimmer mit seinem Besuch beehren. Das Fernsehduell eröffnet die Chance, die
eigene Anhängerschaft zu mobilisieren und noch unentschlossene Wähler für die
SPD zu gewinnen; und eigentlich hat Steinbrück ja auch nicht mehr viel zu verlieren.
Ist das Glas halb voll oder halb leer? Für Steinbrück wohl eher halb voll |
Das starre und formalistische Format des TV-Duells wird jedoch einen wirklichen Schlagabtausch zwischen den beiden Kontrahenten kaum zulassen. Die über allem schwebende Präsidialkanzlerin, die den Namen ihres Herausforderers bislang kaum erwähnt hat, wird auch am Sonntag schwer zu packen sein. Steinbrück kann nur dann punkten, wenn er Merkel zwingt, bei Sachfragen Farbe zu bekennen.
Das wiederum wird Merkel
zu verhindern wissen: Sie wird die gute ökonomische Lage des Landes und den
stabilen Arbeitsmarkt hervorheben. Steinbrück indes muss aufpassen, nicht zu
aggressiv und besserwisserisch aufzutreten. Die Tatsache, dass sein Gegner eine
bei vielen Menschen beliebte und respektierte Frau ist, macht es für den
Herausforderer nicht einfacher.
Ein falscher Halbsatz in
Echtzeit würde die Kandidatur Steinbrücks wohl endgültig begraben. Interessant
werden dürfte, wie sich Stefan Raab im Moderatorenquartett schlägt. Wird er Merkel
und insbesondere Steinbrück, der sich im Vorfeld gegen Raab aussprach, aus der
Reserve locken? Am morgigen Sonntag darf man drei Wochen vor der Wahl vor allem
auf die Strategie Peer Steinbrücks gespannt sein.
Es ist seine letzte
Chance, einer eigentlich schon vergeigten Kandidatur die entscheidende Richtungsänderung
zu geben.