Der Beinahe-Untergang
Bundesliga-Historie: Der
HSV weckte zuletzt Erinnerungen an Tasmania Berlin
Fast wäre es passiert: Der einstmals große HSV, mehrmaliger
Meister und Pokalsieger, Europapokalsieger der Landesmeister, Gründungsmitglied
der Fußball-Bundesliga und in beinah 52 Jahren niemals abgestiegen, hätte nach
einer desaströs schlechten Saison beinah den Gang in die 2. Liga antreten
müssen. Und das, obwohl der Verein zuvor mit Millioneninvestitionen in neue
Spieler verstärkt worden war.
Zwischenzeitlich schoss der „Dino“ der Liga so wenige Tore,
dass Erinnerungen an die grottenschlechte Tasmania aus Berlin wach wurden. Der Neuköllner SC Tasmania 1900 Berlin spielte in der Saison 1965/66 in der
höchsten deutschen Spielklasse. Durch die ständigen Negativvergleiche mit dem
HSV wollte ich es einmal genau wissen und bin in die Historie von Tasmania
Berlin eingetaucht.
Der DFB entschied im Juli 1965 Tasmania in die Bundesliga
aufzunehmen. Grund dafür waren finanzielle Probleme des Stadtrivalen Hertha BSC
Berlin (es ging um einen aus heutiger Sicht läppischen Fehlbetrag von 192.000
DM). Hertha wurde vom Spielbetrieb ausgeschlossen. Aufgrund der geringen
Spielstärke Tasmanias erntete der politisch motivierte Entschluss des DFB
jedoch bei vielen Bundesligisten Kritik.
Tasmania Berlin: schlechtester Club der Ligageschichte |
Der Kader von Tasmania erwies sich schnell als nicht
konkurrenzfähig: In 34 Ligaspielen konnten die Berliner nur zwei Siege
erringen; Tasmania schoss nicht nur die wenigsten Tore (15), der Club kassierte
auch die meisten Gegentreffer (108) und errang infolgedessen die wenigsten
Punkte (8). Kein Wunder also, dass Tasmania Berlin bis heute der erfolgloseste
Verein der Bundesligahistorie ist.
Doch Tasmania stellte weitere Negativrekorde auf: Der Club
erlitt die höchste Heimniederlage (0:9 gegen den Meidericher SV), bestritt das
Bundesligaspiel mit den wenigsten Besuchern (827) und belegte den letzten Platz
in der Ewigen Bundesliga-Tabelle. Tasmanias Abstieg war daher nur folgerichtig.
1973 ging Tasmania schließlich bankrott, wurde später aber als SV Tasmania
Berlin neugegründet.
Heimstatt von Tasmania: Der Werner-Seelenbinder-Sportpark in Berlin-Neukölln |
Soweit die Geschichte von Tasmania Berlin. Die hochbezahlten
Kicker vom HSV waren in dieser Saison mit 16 erzielten Toren in der Hinrunde und
einem 0:8 gegen Bayern München zwar nur fast
so schlecht wie Tasmania; durch die beispiellose Misswirtschaft der Vereinsführung
(drei verschlissene Trainer!) konnte der Absturz in die Zweitklassigkeit am
Ende aber nur knapp in der Relegation verhindert werden.
Das Getue um die Stadionuhr, welche die Zugehörigkeit des
HSV zur ersten Liga als Alleinstellungsmerkmal dokumentiert, sowie das ständige
Gerede vom „Dino“ der Liga mussten sich überdies irgendwann einmal rächen: Wer
ständig damit hausieren geht, dass er seit 30 Jahren unfallfrei Auto fährt,
fordert sein Schicksal geradezu heraus und landet just am nächsten Baum. Genau
das wäre dem HSV nun fast passiert.
Spielerisch war der HSV in der abgelaufenen Saison derart
schwach, dass der Abstieg sportlich verdient und mithin gerecht gewesen wäre.
Aber im Leben gibt es nun mal keine Gerechtigkeit und in einer
ergebnisorientierten Sportart wie Fußball sowieso nicht. Glück und Zufall geben
oft den Ausschlag. Ob der HSV sich in Zukunft stabilisiert oder weiter auf den
Spuren von Tasmania Berlin wandelt bleibt indes offen.